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Die Legende Prolog Die Geschichte Epilog

Die Legende von Weißwacht - Wie die Geschichte begann … und wie alles endete... (Ragelind)[]

Noch am gestrigen Abend war Katharina zum Anwesen Lord Weißwachts zurück gekehrt. Sie hatten kaum ein Wort mit ihrem Grossvater gewechselt, aber das brauchten sie auch gar nicht. Blicke sagten mehr als alle Worte und jetzt, mitten in der Nacht, stand Lord Eliah von Weißwacht noch immer in dem Zimmer mit dem grossen Panoramafenster und starrte in die Finsternis hinaus, während sie im flackernden Schein eines hohen Kerzenhalters einige Pergamente vor sich auf dem Tisch liegen hatte und schrieb.

Leise kratzte die Schreibfeder über das feine Pergament und füllte Zeile um Zeile die Seiten mit ihrer zierlichen, feingeschwungenen Schrift:

Es ist vorbei! Das Turnier ist zu Ende und niemand hat gewonnen. Weder gibt es einen gekürten und gefeierten Champion, noch einen Applaus für Lord Weißwacht für die Ausrichtung des Turniers und die Stiftung des Preises, noch hat irgendjemand sonst einen grösseren Nutzen aus der ganzen Angelegenheit gezogen. Im Grunde haben alle verloren … oder wenigstens Erfahrung daraus gewonnen, so wie ich.

Ich, Katharina von Weißwacht, Tochter der verstorbenen Elisabeth von Weißwacht und Enkelin seiner Lordschaft Eliah Barachiel von Weißwacht, habe den grössten Zugewinn erhalten. Als ausgeschriebener Pfand und mit dem Namen Ragelind von Auersperg ausgestattet, hatte ich Einblicke in die Familienverhältnisse der Champions, die Seele und der Gedanken der Champions selbst und der halben Sturmwinder Bevölkerung dazu, wie sie sonst kaum jemand in so kurzer jemals hätte erfahren können.

Wie war es dazu gekommen? Angefangen hatte Alles vor etwa 14 Jahren, als ich hätte meine Mutter zu Grabe tragen sollen, nachdem sie von der Seuche befallen und hinweggerafft wurde, es jedoch nie konnte, da all die vielen Seuchentoten wieder auferstanden und meine Heimat, das alte Lordaeron mit einer Schwemme Untoter überrollte. Meine Erinnerungen sind nur lückenhaft, deutlich kann ich mich jedoch an den Moment erinnern, als ich, von einem Diener begleitet in die grosse, herrschaftliche Eingangshalle des weißwachtschen Anwesens trat und dort erwartet wurde von seiner Lordschaft, neben ihm an seiner Hand ein etwa vierjähriges, rotgelocktes Mädchen, das herum zappelte und mich neugierig musterte.

Lord Weißwacht war eine ausnehmend stattliche Erscheinung. Hochgewachsen und schlank war er vom gepflegten Bart bis zu den auf Hochglanz polierten Schuhen jeder Zoll ein Edelmann … und eine Respektsperson. Sein Blick war durchdringend, als er mich zum ersten Mal musterte, seine Stimme fest und befehlsgewohnt, seine Haltung gerade, aber nicht steif und jede Bewegung so geschmeidig und wohldurchdacht, wie jedes Wort und jeder Blick. Ich konnte einfach nicht anders, als vor diesem Mann, wie es der Anstand gebot, einen tiefen Knicks zu machen, den Kopf gesenkt und auf sein Wohlwollen hoffen.

Das Mädchen an seiner Seite sei die kleine Jourone von Weißwacht, wurde mir mitgeteilt. Die Enkelin seiner Lordschaft und somit meine Cousine, derer sich Lord Weißwacht ebenfalls der besonderen Umstände des Verlustes unserer Eltern angenommen hatte. Lord Weißwacht würde sowohl Jourone, als auch mir die Gnade erweisen, behütet in seinem Hause aufzuwachsen, eine ausgezeichnete Ausbildung zu erhalten und er hoffe, dass wir uns beide würdig erweisen würden, um dem Namen Weißwacht alle Ehre zu machen.

Vielleicht lag es daran, dass ich etwas älter war als Jourone, vielleicht auch daran, dass ich ein ganz anderes Wesen hatte, als der kleine aufgeweckte Wildfang Jourone. Daran, dass der Lord und Jourone die beiden einzigen lebenden Verwandten waren, die mir geblieben waren oder auch daran, dass ich vom ersten Moment an, als ich den Lord gesehen habe eine kindliche Symphatie und Zuneigung zu ihm empfunden habe und mir vor nahm immer alles zu tun, um diesen Mann nur wirklich niemals zu enttäuschen. Mit den Jahren wurde aus dieser Zuneigung eine tiefe grossväterliche Liebe und Hingabe, während sich das Verhältnis zu meiner eigentlich fast gleichaltrigen Cousine immer mehr verschlechterte.

Ich hätte gern etwas gegen diese Entwickung unternommen, aber wir waren wie zwei völlig verschiedene Pflänzchen innerhalb einer Wärme spendenden Glaskuppel und während ich mich in diesem Klima ausgesprochen wohl fühlte, wuchs und gedieh, drohte Jourone zu verdorren und einzugehen. Sie sehnte sich nach Freiheit, Menschen, Reisen und Abenteuern, nach Raum für eigene Entscheidungen, Luft zum Atmen, aber all das gab es unter Lord Weißwachts strengem Regime nicht. Der Park war die einzige grosse, weite Welt, die wir hatten und das schmiedeeiserne Tor, das die hohe, unüberwindliche Hecke durchbrach der einzige Blick in eine andre, fremde Welt. Und natürlich die Bücher und die Bilder in den Büchern, die wir lasen, die von fernen, wundersamen Gegenden und Orten berichteten.

Jourone hatte soviel Fragen, wollte soviel entdecken und setzte sich dabei immer wieder über die Wünsche des Grossvaters hinweg und verspielte mehr und mehr sein Wohlwollen. Sie tat es nicht einmal mit Absicht. Wenn es hiess, die Postkutsche wurde erwartet und wir Order hatten in der Eingangshalle zu warten, bis ein Diener die Briefe und Sendungen herein brachte, so kam es vor, dass Jourone trotzdem den Sandweg bis zum Eingangstor des Anwesens hinunter hüpfte und die Kutsche dort erwartete. Es waren im Laufe der Jahre sicher tausende solcher kleinen Dinge, die man vielleicht verzeihen und darüber hinweg sehen könnte, wäre Lord Weißwacht ein ganz normaler liebender Grossvater gewesen.

Allerdings war er das eben nicht und seine Liebe war stets mit unnachgiebiger Strenge und Gehorsam verbunden und Lady Jourone hat das in Form von Strafen so viele tausende Male zu spüren bekommen, wie sie sich solche kleinen Schnitzer erlaubt hatte. Natürlich wurde es im Laufe der Jahre besser, je älter wir wurden. Sie war ja nicht dumm und lernte auch einen Fehler ein zweites Mal nicht wieder zu machen, trotzdem schien sie sich immer wie unter einem Zwang unter der Fürsorge unseres Grossvaters zu fühlen, während es für mich stets ganz natürlich war jedem noch so kleinen Befehl, jeder Aufforderung unbedingt und korrekt Folge zu leisten.

Die Kluft wurde immer grösser, wenn auch nach aussen hin immer weniger auffällig oder sichtbar. Es war mehr als deutlich, dass Lord Weißwacht Jourone allein wegen dieses angeborenen Wesens verachtete und später sogar befahl, dass sie die Haarfarbe von ihrem natürlichen Rotton in ein tiefes Schwarz zu ändern habe, da er sogar ihrer Haarfarbe die Schuld an ihrem zwiespältigen Verhältnis gab und sie damit strafen und bändigen wollte. Im Laufe der Jahre habe ich Jourone oft zu decken versucht, immer wieder auch versucht mit ihr zu reden, aber mehr und mehr übertrug sie die Machtlosigkeit gegenüber seiner Lordschaft in Form von Hass auf mich.

Ich konnte es ihr nicht einmal wirklich verdenken, aber irgendwann wurde es mir immer gleichgültiger. Ich glaube, diese Gleichgültigkeit setzte ein indem wir immer mehr erblühten, jung waren und vor Gesundheit strotzten, während Grossvater immer mehr mit dem Alter und einer langsam, schleichenden, heimtückischen Krankheit zu kämpfen hatte. Dafür, dass Jourone sich vielleicht wünschen würde der Grossvater würde beizeiten das Zeitliche segnen, um seinem strengen Regime zu entkommen, obwohl sie es nie sagte oder zugab, es aber an ihren Blicken zu erkennen war, dafür begann nun ich Jourone ebenfalls zu verachten...

Eines Tages, etwa drei Jahre bevor das Turnier begann, war es um Grossvaters Zustand wieder einmal so schlecht bestellt, dass sich dieser grosse, starke, alles beherrschende Mann in einen Sessel sinken liess und ich zum ersten Mal erlebte, seit ich ihn kannte, dass er etwas von seiner Haltung verlor, als er schwer husten musste und den allgegenwärtigen Zylinder etwas zurück schob, um sich mit einem Tuch die Schweisstropfen von der Stirn zu tupfen. Ich hatte schreckliche Angst, wusste nicht, wie ich ihm hätte helfen können, da alle Pulver, Pillen oder Tropfen, die von den verschiedensten Ärzten schon verschrieben und gebracht worden waren, nicht die Wirkung zeigten, die ich mir von ihnen erhoffte, um den Grossvater wieder zu dem gesunden, kräftigen Mann zu machen, als den ich ihn immer gekannt hatte.

Ich wünschte mir, Jourone würde sich wenigstens auch ein bischen um den Grossvater sorgen, ihm die Zeit vertreiben, seine Hand halten wollen, statt vermutlich in ihrem Zimmer zu sitzen, mit uns zu hadern und von der grossen, schönen, bunten Welt zu träumen. Zum ersten Mal fragte ich seine Lordschaft danach, weshalb Jourone nicht einfach sein konnte, wie ich. „Die Menschen sind schlecht, mein Kind“, sagte er „Du wirst es nicht glauben, wenn Du nicht einmal auch die Niedertracht erlebt hast, zu der sie fähig sein können, selbst den Tod Deiner Eltern durch die Seuche haben sie mit zu verantworten und trotzdem leben sie in ihrer Stadt der weissen Mauern, als könnte sie nach aussen hin kein Wässerchen trüben.“ Er lächelte bitter, als er flüsternd hin zu fügte: „Ich werde es Dir zeigen und beweisen, dass es die Menschen nicht wert sind, Güte, Gnade und Wohlwollen an sie zu verschwenden! Ich töte die ganze verfluchte Bande, bis Du und ich als einzige übrig bleiben auf dieser Welt...“

Zuerst war ich erschrocken über diese Worte, bis mir klar wurde, dass er gar nicht die Möglichkeit dafür haben würde die gesamte Menschheit auszulöschen und es wahrscheinlich nur metaphorisch meinte, um mir eine Vorstellung davon zu vermitteln, was uns von den andren Menschen unterschied. Es dauerte einige Tage, an denen der Großvater die meiste Zeit gedankenverloren aus dem grossen Panoramafenster hinaus in den Park blickte und natürlich nicht gestört werden wollte.

Dann begann er von dem geplanten Turnier zu erzählen, von der Möglichkeit mir als Pfand unerkannt ein Bild von den Menschen machen zu können, die Entscheidung treffen zu können, ob und wer von den beteiligten Champions geeignet wäre den Preis zu erhalten, den er zu stiften gedachte, von dem Artefakt das des Grossvaters Leben retten würde können...

Da ich inzwischen in einem Alter war in welchem mein Grossvater meinen Entscheidungen ebenso vertraute, wie ich den seinen, hatte ich mir angewöhnt nicht nur vom Wesen zu sein wie er, sondern das auch äusserlich zu zeigen. Ich trug denselben Haarschnitt, kleidete mich in Frack oder Ausgehrock, Kravatte, Zylinder, Reithosen, Reitgerte oder Gehstock, je nach der geplanten Tagesbeschäftigung und seine Lordschaft freute es, vermittelte es ihm offensichtlich ein bisschen den Eindruck des vermissten Erben und Nachfolgers.

Die Turniervorbereitungen begannen gleich nachdem mich Lord Weißwacht in seine Pläne eingeweiht hatte. Die Tore des Anwesens öffneten sich weit häufiger als gewöhnlich und liessen alle möglichen Handwerker ein: Tuchmacher, Schneider, Köche, Hufschmiede, Bogenmacher, Gerber und ich weiss nicht mehr, was noch alles, ausserdem eine wahre Flut von Lehrern, die mich alle zu bestimmten Zeiten zu unterrichten hatten und dann wieder genauso schnell verschwanden, wie sie gekommen waren. Keiner der Fremden blieb länger auf dem Anwesen, als es unbedingt nötig war und die sonstige Besinnlichkeit der Tagesabläufe auf dem Anwesen störte und doch änderte sich alles.

Jourone blieb von diesen Vorbereitungen fast vollständig ausgeschlossen bis auf die Garderobe einer Lady, die Grossvater in dieser Zeit komplettieren und vervollständigen liess und sie weiter an den priesterlichen Unterrichtsstunden zur Belehrung der Demut gegenüber dem Licht und der Belehrung über die Vorherrschaft des Adels teilzunehmen hatte, ebenso an den Handarbeitsstunden für die Geschicke, die eine Dame unbedingt brauchte, um ihrem Manne das Heim so behaglich wie möglich zu gestalten. Von meinen Reitstunden, den Bogenschiessübungen, den Fecht- und Degenlehrstunden, den Übungen zur einfachen körperlichen Selbstverteidigung, den Rhetorik-, Sprach- und Motivationskursen, die ich fortan täglich zu absolvieren hatte, bekam sie jedoch nichts mit. Grossvater liess mich in alldem unterrichten, was sowohl einer jungen Dame, als auch einem jungen, adeligen Herren im Leben äusserst nützlich sein konnte.

Auch wenn meine Tage von morgens bis abends ausgefüllt waren mit Lehrstunden, so tat sich mir doch eine neue fremde Welt auf. Die Welt der Diplomatie, der Lügen und Intrigen und die oftmals damit einhergehende Korruption lernte ich zumindest in der Theorie kennen und von Tag zu Tag wuchs meine Spannung und die Erwartungen, wie sich das wohl während des Turniers in der Praxis zeigen würde. Ich begann zu erahnen, wie es sich gestalten würde, die Menschen schlichtweg an der Nase herum zu führen, obwohl sowohl der Grossvater als auch ich immer die Menschen bleiben würden zu denen uns besonders unser Stand verpflichtete: adelig und .. edel.

Niemals hätte ich meinem Grossvater aufs Wort glauben können, was mich dann wirklich beim Turnier erwartete. So wie es der Grossvater vorher gesagt hatte, waren es besonders die Ärmsten und am wenigsten privilegierten Menschen Sturmwinds, die noch am ehesten das Herz auf dem rechten Fleck hatten, aber kaum Möglichkeiten ihre Rechte oder gar Forderungen durchzusetzen. Der Adel war am korruptesten und das vor allem deshalb, weil sich in dieser Stadt soviel Kleingeist ausgebreitet hatte. Der niedere Adel und das neureiche Bürgertum griffen nach jedem Zipfelchen Macht, wo es sich nur bot und schikanierte die Bevölkerung durch alle Schichten hindurch wo es nur ging.

Meine Cousine Jourone bot das exemplarischste Beispiel für diese niedere Form des Kleingeistes und Spiessertums und begann sich in diesem Milieu mehr und mehr wohl zu fühlen und sich einzuleben. Hatte das der Grossvater nicht vorhersehen können, oder war es ebenfalls Teil des ganzen Planes? Manchmal war ich mir dessen nicht so sicher, aber ich erinnere mich, dass ich Jourone in einem unbeobachteten Augenblick selbst noch eine Warnung zugeraunt hatte: „Jeder, der Keiner von uns ist, ist ein .. Feind!“ Sie hat sie ausgeschlagen, wie jeden andren Hinweis darauf, dass es bei dem Turnier ausschliesslich um eine reine Familienangelegenheit ging und die Champions, das Publikum, die ganze Stadt nur Teil einer öffentlich inszenierten Familientragödie waren.

Die Organisation des Turniers war perfekt. An ihr konnte es kaum gelegen haben, dass das Turnier ein derart unwürdiges Ende fand. Es blieben genau nur zwei Faktoren übrig, die so etwas bewirken konnten: Lady Jourone, die Dinge ausgeplaudert hatte, die besser unter dem Deckmäntelchen interner Familienangelegenheiten geblieben wären oder niederträchtige Menschen und Organisationen, die nichts Besseres zu tun hatten, als überall Verrat und Betrug zu wittern. Weshalb ist Jourone nicht verhaftet worden, weshalb sie nicht entführt worden, weshalb glaubte man ausgerechnet ihr jedes Wort, was sie sagte, obwohl sie eine völlig verzerrte Sicht auf die tatsächlichen Gegebenheiten hatte?

War es Betrug oder Verrat oder irgendetwas von den andren Punkten, die man uns am Ende vorgeworfen hatte und den Namen Weißwacht für alle Ewigkeit beschmutzen sollten, nur weil eine ganze Stadt nicht dazu in der Lage war die richtigen Fragen zu stellen? B-R war nur einen Hauch davon entfernt gewesen das ganze Geheimnis aufzudecken. Ich habe ihm sogar dafür versprochen sein Leben zu schützen, wenn er das meine und vor allem das des Grossvaters helfen würde zu retten. Ich habe nicht gelogen; nicht ein einziges Mal … nur ein bischen umschrieben und subtil verschleiert. Sir Lambert wusste oder ahnte bestimmt etwas davon, schienen sich die Umstände seiner Erziehung, sein Umfeld gar nicht so sehr von dem unsrigen zu unterscheiden.


Ich mache mir schon wieder zuviele Gedanken. Es ist vorbei! Der Name Weißwacht wird für alle Ewigkeit in der Geschichte der Welt verloren gehen und verschwinden, ein Name unter so vielen andren, grossen, wichtigen Namen .. vielleicht retten sie die Menschheit... oder vielleicht auch nicht! Ich liebe Dich B-R. Du wolltest mir helfen mein Schicksal zu ändern und durftest es doch nicht tragen. Ich liebe Euch Antonius von Mariengrad und Miss Dia. Ihr habt zu verstehen versucht und ich entschuldige mich dafür, dass ich Euch schon deshalb das Artefakt nicht hätte geben können. Und ich liebe Dich Archer. Du warst die Krönung dessen, was ein Mensch im Laufe des Lebens an Zuneigung und Liebe erfahren kann. Du wirst es am wenigsten verstehen, dass es nur eine Liebe für mich gibt, die jede andre überstrahlt und in den Schatten stellt.. die Liebe zu meinem Grossvater! Verzeih mir!

Katharina von Weißwacht


Andächtig rollte Katharina die vollgeschriebenen Pergamente zu einer Rolle zusammen und versiegelte das Bündel abschliessend mit dem Zeichen der Lilie, ehe sie es auf dem Tisch liegen liess und zu ihrem Grossvater ans Fenster trat. Ein wehmütiges Lächeln huschte über das Gesicht des alten Mannes, als sie ihren Arm unter seinen Arm schob. Gramgebeugt war seine Haltung in den letzten Wochen geworden, tiefe Falten durchzogen das markante Gesicht und schwach und kraftlos wirkten seine aristokratisch, schlanken Hände, die ihre Hand kühl umschlossen und dankbar drückten, als sie gemeinsam, langsamen Schrittes das Zimmer verliessen, durch die grosse Eingangshalle wandelten, abschiednehmend von den Zeugnissen einer alten, einst so prachtvollen, traditionsbewussten Generation.

… In den folgenden Wochen machten einige Gerüchte den Umlauf: Das gesamte Anwesen sei verkauft worden, die Bediensteten allesamt entlassen und nur ein alter Verwalter wache noch über das verwaiste Anwesen. Mit einer Stalllaterne und dem Gehstock seiner Lordschaft bewaffnet, erzähle er jedem mit geheimnisvoller Stimme, dass es die letzte Nacht, die seine Lordschaft und seine Enkelin im Hause verbracht hatten nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte, fand man doch vor dem Haus am nächsten Tag zwei frische Grabstellen ausserhalb des Hauses direkt unter dem grossen Panoramafenster mit Blick auf den Zufahrtsweg zu dem Anwesen. Bedeckt seien sie über und über mit weissen Lilien gewesen, aber niemand den man fragte, wusste, wie die Gräber dahin gekommen seien.

Desweiteren machte das Gerücht die Runde, dass das Oberkommando der Allianzstreitkräfte eine anonyme Spende erhalten habe, die ausschliesslich zu dem Zwecke verwendet werden dürfe Kaffee für die Soldaten einzukaufen. Weitere zweckbestimmte Spenden gingen im Lazarett ein und dürften nur für frisches Verbandsmaterial verwendet werden. Die Zuflucht erhielt eine Lieferung von Würfeln, samt Würfelbechern, mehrere Angeln samt Zubehör und einige Ballen roten Tuches. Auf diese Weisen gingen noch weitere Spenden in verschiedensten Institutionen der Stadt ein und sie alle entbehrten nicht einer gewissen Ironie.

Die grösste Tragweite dürfte jedoch ein Gerücht bekommen, sofern es jemals an die Ohren von Allianzstreitkräften geraten sollte und das von einer Goldverwaltungsgesellschaft stammte, die in Umlauf brachte, eine sehr beträchtliche Menge Goldes aus anonymer Quelle erhalten zu haben, das ausschliesslich den Verteidigungs- und Eroberungsposten der Verlassenen im Hochland von Arathi zur Verfügung zu stellen sei und besonderes Augenmerk auf zukünftige Aktivitäten oder Truppenbewegungen zu achten sei und dabei besonders ein etwa 18-jähriges rothaariges Mädchen Ziel der Exekution zu sein habe....

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Ungewiss bleibt es, ob etwas Wahres an den Gerüchten sein könnte. Tatsache bleibt es, dass der Name Weißwacht auch zukünftig nur mit einem Tuscheln und einer gehörigen Portion Skepsis ausgesprochen werden würde, da man nie wieder etwas von den beteiligten Hauptpersonen hörte ... die Geschichte des Hauses war zu einer Legende geworden, einer Geschichte von Schwertern und Lilien und schon wenige Wochen nach dem Turnier für unbeteiligte Ohren und Augen so unglaubwürdig, als hätte das ganze Turnier niemals stattgefunden …

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