Die Aldor Wiki
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Vor circa zwei Jahren……

„….ist die Angeklagte freizusprechen“. Sein Kopf fuhr herum. Ungläubig starrte er in die Gesichter der Teilnehmer des Tribunals während seine Hände sich wie von selbst zu Fäusten ballten. „Aber sie ist …Ihr könnt sie doch nicht…..Sie hat…..“
Mit offenem Mund verfolgte er den Abzug der Richter während er seinen Kopf schüttelte als wolle er ihn von den eben gehörten Worten befreien. „Das kann nicht...das darf nicht sein“ murmelte er halblaut, mehr zu sich selbst, alle Verzweiflung der Welt in Stimme und Blick.

Rigidius Nachthauch, Offizier der Stadtwache und gelegentlicher Trinkkumpan des Erschütterten, legte diesem fest eine Hand auf die Schulter. „Lass es gut sein, Faheniel. Sie ist unschuldig“. Mit einer heftigen Bewegung wischte der Angesprochene die Hand von seiner Schulter. Mit vor Wut glitzernden Augen sah er den Redner an. „Ist sie nicht! Ich weiss es! Sie hat ihn auf dem Gewissen und ich werde….“. „Gar nichts wirst du“ unterbrach ihn Rigidius harsch. „Sie wurde fast zwei Wochen lang intensiv befragt und auch heute gab es keinen Anlass an ihrer Aussage zu zweifeln. Du verrennst dich da in Etwas. Hör auf mit solchen Anschuldigungen. Wenn sie nicht stimmen kann das auch nach hinten losgehen“. „Ihr ..habt ja alle keine Ahnung, ihr wisst nicht, das….“ Resigniert schüttelte er noch einmal seinen Kopf, wand sich ab und schlurfte Richtung Ausgang – ein gebrochener Mann. In der Tür blieb er noch einmal stehen und sah zurück. Selbst im dämmrigen Halbschatten des steinernen Portals konnte man das Feuer sehen, das wild in seinem Blick loderte. „Du wirst brennen, Hexe, verlass dich darauf. Brennen wirst du!“ Nur geflüstert krochen die Worte über seine Lippen, abermals schüttelte er seinen Kopf, dann zog er von dannen.


Sie hatte die Augen geschlossen und sass ganz still.
„….ist die Angeklagte freizusprechen“.
Sie atmete tiefer aus als je zuvor in ihrem Leben. Ihre Finger verknoteten sich um ihr Zittern zu verbergen. Eine zentnerschwere Last fiel von ihr. Langsam öffnete sie ihre Augen um sich zu vergewissern, dass das Tribunal wirklich abzog, dass das letzte Wort wirklich gesprochen war. Als der letzte der Richter das Gebäude verlassen hatte, sprang ihr Blick auf Faheniel über. Viel zu weit war sie von ihm entfernt, als dass sie seine Worte hätte verstehen können und trotzdem war sie sich sicher, jede einzelne Silbe laut und deutlich zu hören.

Eine Hand streckte sich ihr entgegen. „Kommt, Lady Nebelmond. Ihr seid frei, ihr könnt gehen“. Die Sin’dorei sah auf in das Gesicht des Gerichtsdieners... Mit einem zaghaften Lächeln ergriff sie dessen Hand und liess sich aufhelfen. Der ältere Mann zeigte ein väterliches Lächeln, drückte die Hände der Elfe noch einmal aufmunternd und zog sich dann selbst zurück in seinen wohlverdienten Feierabend.

Die Sin’dorei klemmte sich den Stock, den sie nutzen musste, unter den Arm und ordnete ihre Robe. Eigentlich war dies vollkommen überflüssig, aber sie war ratlos, was ihre Zukunft betraf. Sie war frei und natürlich unendlich erleichtert, aber was nun? Das Gesicht ihrer Mutter hatte sie umsonst in der Menge gesucht. Nicht, das sie mit ihrem Besuch gerechnet hätte, aber bekanntlich starb die Hoffnung zuletzt. Nun war sie tot. Zu ihrer …Familie...jedenfalls würde sie nicht flüchten können. Zurück auf die Farm? Faheniels Blick hatte Bände gesprochen. Zu ihrem Liebsten? Auch der war heute nicht erschienen, was sie allerdings nicht weiter verwundert hatte, war er doch schon vor Tagen einfach verschwunden, als die Lage auch für ihn hätte brenzlig werden können.

Sie stützte sich auf ihren Stock und humpelte Richtung Ausgang. Jeder Schritt schmerzte und erinnerte sie an das Geschehene. Fest presste sie ihre Lippen aufeinander auf das kein Ton über selbige käme. Mittlerweile war sie daran gewöhnt, Schmerz nicht mehr zu zeigen. Die Befragungen der letzten Wochen hatten es sie gelehrt. Es waren weniger die körperlichen Schmerzen gewesen, die sie so gequält hatten. Die seelischen Schäden waren viel schlimmer. Bewusst hatte man sie zermürbt um sie dazu zu bringen, sich in Widersprüche zu verheddern, gnadenlos hatte man in ihrem Kopf herumgewühlt, um Beweise zu finden, hatte ihre intimsten Geheimnisse ans Licht geholt und vor aller Augen und Ohren ausgebreitet.

Allein dafür und für das süffisante Grinsen dieser Blutritter hätte sie töten können. Sie hatte sie anschreien wollen, bespucken und beschimpfen, aber sie hatte, wie man es sie von Kindesbeinen an gelehrt hatte, stumm ihre Haltung bewahrt, den Kopf stolz erhoben. Und so stand sie nun in der Tür des Gerichtsgebäudes und so sollte sie noch lange dort stehen.


Einige Zeit davor……

Er war kein geübter Waldläufer, schon gar kein Schattenläufer, dennoch versuchte er so lautlos wie möglich durch das dichte Gestrüpp des Unterholzes zu gelangen. Er ignorierte Dornen, die sich schmerzhaft durch den feinen dünnen Stoff seines Hemdes bohrten, Himbeerranken peitschten seine Waden und die Beeren des Lachvogelbaumes färbten seine Hände rot wenn er die filigranen Äste beiseite bog.

Ein leises Kichern, sanftes Plätschern liess ihn innehalten. Scheinbar war er fast am Ziel.
Vorsichtig sank er auf seine Knie und bog die Zweige beiseite, die ihm die Sicht versperrten.
Vor ihm lag ein idyllischer Teich voller Seerosen, umrandet von Weiden, deren Äste so tief hinunter ragten, dass sie die Szenerie wie mit Vorhängen verhüllten. Am anderen Ende zog ein Wildentenpärchen seine Kreise, Vögel bejubelten voller Inbrunst die Sonne und tausende von Insekten versuchten sich gegenseitig mit ihren Konzerten zu übertreffen. Alles war so schön und friedlich…doch etwas gab ihm einen Stich ins Herz.

Direkt vor ihm, fast in Reichweite planschte unbekümmert ein junges Paar im Wasser. Das die beiden sich mehr als nur gut kannten, war nicht nur an den heissen Küssen ersichtlich, die sie immer wieder teilten. Die junge Frau hatte ihre Schenkel um die Hüften und ihre Arme um die Schultern des Elfen gelegt, den sie immer wieder verliebt ansah.
Der Sin’dorei im Unterholz musste zweimal hinsehen um seine Frau in der Elfe zu erkennen. Kurz bedauerte er, sie nicht öfter unbekleidet gesehen zu haben, bis ihm die Situation wieder ins Bewusstsein kam. Sie war wunderschön, das musste er gestehen. Aber letztendlich war sie eine verwöhnte Göre, die ihm keinerlei Nutzen gebracht hatte. Auch für seine geliebten Schreiter hatte sie sich kein bisschen interessiert und nun ...nun trat sie noch seinen Ruf und seinen guten Namen in den Dreck. „Du darfst mich nie wieder so lange alleine lassen“ flüsterte die Elfe. „Ich habe dich so sehr vermisst“. „Dann sollten wir etwas dafür tun, das ich dir diesmal etwas länger im Gedächtnis bleibe“ flüsterte der Elf frech grinsend zurück. Vorsichtig trug er die junge Frau in seinen Armen zum Ufer und liess sie sanft in den Sand gleiten. Als er sich küssend über sie beugte, konnte der Mann im Gebüsch nicht anders, als sein Versteck aufzugeben.

Also stimmt es, was das Gesinde tuschelt!“ Mit diesen Worten trat er zwischen den Zweigen hervor.
Erschrocken fuhren die beiden hoch.
Ich wollte es nicht wahr haben. Ich tat es als Gerede ab, aber was tust Du, du ….Flittchen! Das du dich nicht schämst!“ Der Elf machte ein paar Schritte auf die beiden zu. Es sah aus, als wolle er auf sie losgehen, dann jedoch blieb er stehen und schien sich zu besinnen.
Es lohnt nicht. Aber eines sage ich dir….unter meinem Dach wirst du nicht länger herumhuren. Ich jage dich davon und es ist mir vollkommen egal, was aus dir wird. Ich hätte schon stutzig werden sollen als dich keiner aus deinen Kreisen haben wollte. Das wirst du mir büssen! In der Gosse sollst du enden, wo du hingehörst!“
Aufgebracht gestikulierte der Sin’dorei mit den Händen, dann wand er sich ab und verschwand wieder im Dickicht des Waldes. Mit schmalen Augen sah die junge Elfe dem Mann hinterher, dann wanderte ihr Blick zu ihrem Partner, der schon begonnen hatte, sich anzukleiden. „Passiert, eh? “ nuschelte der. „Eh, ich muss sowieso weg. Wir sehen uns bald wieder, Schätzchen“.


Zwei Tage später……

Der Nachthimmel glühte. Die Flammen loderten gen Himmel und Funken stoben wie kleine Feuerräder durch die Dunkelheit. Wo immer sie auf trockenes Holz trafen, breitete sich das Feuer weiter aus. Durch das geschlossene Tor des Stalles quoll weisser, in den Augen beissender Qualm. Die Schreie der Falkenschreiter, die in Todesangst versuchten, aus den Stallungen zu kommen, hallten durch die Nacht und liessen einem das Blut in den Adern gefrieren. Fast alle Bewohner des Anwesens waren mittlerweile vor dem brennenden Gebäude versammelt, als ein weiterer Schrei durch die Nacht gellte:
„Neiiiiiiin, wo ist er? Sagt, das es nicht wahr ist!“ Die junge Elfe kämpfte sich durch die Menge, rücksichtslos Körper beiseite schiebend, bis sie ganz vorne am Tor stand.
Tilon! Tilon, mein geliebter Gemahl, hörst du mich?“ Ihre Finger krallten sich in das Holz der Tür bis ihre Nägel brachen, Splitter bohrten sich in ihre Hände und jemand versuchte sie von dort wegzuziehen. Kämpfend wand sie sich aus diesem Griff. „Ich kann doch nicht weg!“ schluchzte sie mit bebender Stimme. „Wir müssen ihn retten. So öffnet doch das Tor!“ Und wieder begann sie den Kampf mit dem Holz. „Es ist zwecklos. Durch die Hitze hat sich das Holz verzogen. Das Tor ist nicht zu öffnen. Wir versuchen hinten einen Durchbruch zu machen“. Kurz hielt die junge Frau inne und sah den Sprecher aufmerksam an. „Aber wer weiss, wie lange das dauert. Tut doch etwas!“ Ausser sich vor Sorge sank sie vor dem Tor auf ihre Knie. „Mylady, kommt hier weg. Hier ist es zu gefährlich für euch. Das Gebäude kann jederzeit einstürzen“. Doch die Sin’dorei liess sich nicht dazu bewegen, sich von der Stelle zu rühren. Sie raufte sich die Haare, presste ihre Stirn auf den Boden und flehte ihren Gatten an, durchzuhalten.
Ein lautes Krachen liess alle Blicke nach oben schnellen. Wie wütende Kometen stürzten brennende Holzteile, die sich aus der Scheunenwand gelöst hatten, von oben auf die Umstehenden. Panik brach aus, Schreie hallten durch die Nacht. Die Menge wogte von links nach rechts, je nachdem, wo die Holzbalken auf den Boden prallten. Hände griffen nach der jungen Frau, wollten sie trotz Gegenwehr wegzerren, doch zu spät…..das Wehklagen der Sin’dorei änderte sich, ging in laute Schmerzensschreie über. Mehr Männer eilten herbei um das brennende Holz von ihr zu heben. Ein weiterer Blick von ihr wanderte zu dem Gebäude. „Nicht mich...ihr müsst ihn retten“ flehte sie schwach, dann sank sie vollends zu Boden.
Hinter ihr stürzte die Scheune nun Stück für Stück in sich zusammen, Falkenschreiter bahnten sich tretend und hackend einen Weg ins Freie, Qualm, Staub und Asche verdeckten fast völlig die Sicht.
Irgendwann trat jemand unsicher vor sie. „Mylady, ihr müsst nun stark sein. Euer Mann ..er hat es nicht geschafft. Es tut mir leid“. Tränen schossen ihr in die Augen. „Neiiiiiin!“ Sie hämmerte mit den Fäusten auf den Boden und hörte nicht mehr auf zu schluchzen. „Einen Arzt für die Herrin, schnell!“
Für einen kurzen Moment war sie alleine. Während die Menge noch darüber tuschelte, wie selbstlos sich die junge Elfe in die Gefahr gestürzt hatte um ihren Gemahl zu retten und dabei selbst schwer verletzt worden war, huschte ein triumphierendes Lächeln über ihr Gesicht. Ganz kurz nur. Dann schossen ihr wieder Tränen in die Augen und als der Arzt eintraf, war sie ausser sich vor Schmerz und Kummer.


Einige Stunden nach der Verhandlung…..

Sie schob die Tür auf, sah sich einmal um und wand sich dann nach links, wo ihre Zimmer lagen. Am anderen Ende des Ganges öffnete sich eine Tür. Faheniel trat heraus und starrte die Elfe wütend an. „Was suchst du denn hier?“ fauchte er.
Sie stellte sich so aufrecht hin, wie es ihr mit diesem Stock möglich war, den Kopf hoch erhoben und mit einem Lächeln auf den Lippen, das so freundlich wie nichtssagend war.
„Mein Erbe antreten. Was dachtest du denn?“
Mit diesen Worten liess sie ihren Schwager stehen und schloss hinter sich die Tür.

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